Jeder kennt das Gefühl, wenn man sich an der Türe oder am Fenster die Nase eindrückt … darauf wartend, die Schneeketten des um die Ecke biegenden Traktors zu hören um sich dem Unvermeidlichen zu stellen.
Dieses Gefühl beschreibt wahrscheinlich ungefähr die Situation, wenn in einem dunklen, kühlen Keller auf einmal Schritte von oben zu hören sind. Leicht zitternd – nicht nur von der Temperatur – und gespannt ob die Kellertüre aufgesperrt wird und das Licht angeht, dürften sich die Flaschen fühlen, wenn der gut gelaunte und vor sich hin pfeifende Weinliebhaber mit einem Korkenzieher in seinen Keller steigt.
Denn keine einzige Flasche im privaten Keller sollte dazu verdammt werden, eine mit Punkten oder Sternen behaftete Trophäe zu sein. Eine Trophäe, die jedem weinaffinen Gast stolz mit dem Satz „Schau was i da hob, 99 Punkte, echt super, oder?“ vor die Nase gehalten wird um nach der Frage, wie er denn schmecke, mit einem „Koa Ahnung, i mach doch keine auf, san ja sau teuer“ weiter im Keller auf die Oxidation wartet.
Natürlich könnte man dem Anlass gemäß jetzt sagen, dass wir uns den Krampus schöner machen oder trinken. Ein echter Weingenießer würde das jedoch nie tun, auch, weil man hier wohl gleich mit Magnums beginnend müsste um ein schönes Resultat zu erzielen.
Also, wie wählt man einen Wein passend zum Krampus aus?
Wir haben diverse Möglichkeiten für Sie zusammengetragen:
- Es passen Weine die Kraft, Würze aber auch eine gewisse Erdigkeit aufweisen. Der Wein sollte definitiv nicht geschliffen, modern oder weich sein, sondern „unrasiert wie der Krampus“ mit Ecken und Kanten. An diesem Punkt sei darauf hingewiesen, dass das Kredenzen der alten überreifen Weintrophäen mit „Muff und diversen Alterungstönen zwecks Erdigkeit“ eine Themenverfehlung und eine Beleidigung gegenüber dem Krampus und noch viel schlimmer, auch gegenüber dem weinaffinen Gast wäre.
- Eine weitere Option ergibt sich auch durch die Assoziation zum Zwetschkenkramperl – dem kleinen, humanen und süßen aber bitte nicht niedlichen Vertreter des großen Bruders. Dörrzwetschken, getrocknete Marillen und Nüsse sind hier die zu verbindenden geschmacklichen Partner.
- Ein anderer Ansatz wäre, sich ganz profan auf die farbliche Ebene zu begeben und alles auszuwählen, was schwarz und dunkelrot „daherkommt“.
- Darüber hinaus könnte auf höhere Alkoholgrade Bezug genommen werden, welche mit wärmenden Gefühlen die gleiche Wirkung wie diverse Ruten unter der Jeans beim letzten Krampuslauf hervorriefen.
Unter Bezugnahme dieser Aspekte könnte ein kräftiger, satter Roséchampagner für einen gelungenen Start sorgen. Diese farbliche Vertretung von Krug ist eine super Wahl bei der man sich der Milde des Krampus gewiss sein kann. Auch die dumpfen Glockengeräusche werden mit der Perlage sicherlich heller wahrgenommen.
Spritiger – und den Krampus weniger furchterregend machend – ist der Late Bottled Vintage Port von Ramos Pinto. Dieser wäre zudem der perfekte geschmackliche Gegenspieler zum Zwetschkenkrampus … und dabei schwelgt man(n) auch schon in Erinnerung an „The Good, The Bad and The Ugly“. „The Bad“ hätten wir mit dem Krampus, „The Good“ mit dem Portwein und „The Ugly“ mit dem bereits einverleibten Zwetschkenkramperl.
Aber auch unverfälscht, echt und wirklich komplett „unrasiert“ wie der Malvazija von Mladen Roxanich, ein Weißwein der 60 Tage mit der Maische verbringen und danach noch 4,5 Jahre im Holzfass reifen durfte, ist eine unmaskierte Option. Ein intensiver Wein der mit seinen Orangen, Lebkuchen, Äpfel und Mandelaromen für einen optimalen Abschluss zum Krampussackerl als Tränen trocknende Unterstützung eingeschenkt werden kann.
Ein farbliches als auch powermäßiges Traumpaar ist natürlich der Reve de Jeunesse von Rene Pöckl. Er punktet mit Kraft, Würze und den angesprochenen Ecken und Kanten. Belüftet und perfekt temperiert könnte dieser nach dem brav aufgesagten Gedicht für den Nikolaus schon im Keller auf seinen finalen Einsatz warten.
Mit diesen Kombinationen gerüstet kann sich jeder Weinliebhaber in den Keller begeben – und nicht nur, um sein Gedicht zu üben.
Weinnotiz: Der Krampus stellt schon einmal die Rute für alle „Trophäenflaschen“, die nicht mit Freunden getrunken und genossen werden, ins Fenster. Denn auch er kann die voranschreitende Oxidation nicht verhindern und wartet nur darauf, dass es soweit kommt. Aber das Christkind sieht natürlich alles…