Es dauert nicht mehr lange, dann kriechen die zotteligen Gestalten aus ihren Verstecken. Die Kids sind schon leicht nervös, denn die Zeit, wenn der alles sehenden Krampus – so wird es das Jahr über erzählt – wieder durch die Gassen zieht, steht kurz bevor.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten diesen dunklen Typen zu begegnen:
- Zum einen bei diversen, von Menschenmassen begleiteten sowie von übersüßtem Glühwein und verbrannten Maroni flankierten Umzügen. Diese bieten jedoch auch den Schutz der Anonymität und man wird dem Krampus kaum Auge in Auge gegenüberstehen.
- Zum anderen gibt es (leider fast nur mehr in eher ländlichen Gegenden) die inoffizielle „Streetversion“, bei der man den Krampussen oft ganz plötzlich auf der Straße gegenübersteht und unmittelbar das Weite sucht. Aber Achtung: Rutenstriemen unter der Hose sowie ein erhöhter Adrenalinspiegel sind unvermeidlich! Hier hilft eigentlich nur die beruhigende Flachmanninnentaschenvariante, gefüllt mit der Roten Williams von Hans Reisetbauer.
- Dann wäre da noch die intime und etwas leichter zu planende Version, bei der die dunklen Gesellen in die eigenen vier Wände gebeten werden. Hier sitzen die Kinder – dem sich rasselnd nähernden Besuch geschuldet – still und artig auf der Couch. Das Gedicht für den Nikolaus, in dessen Begleitung sich der Kramperl bewegt, sitzt jedoch perfekt. Die eigene Hasenherzigkeit wird am 6. Dezember hinten angestellt; wobei man sich durch die anfänglich konsumierten Gläser des Pet Nat von Claus Preisinger auch etwas erleichtert fühlt. Mit dieser unverfälschten und unmaskierten Variante des Schaumweines wird bereits bei Dämmerung gestartet. Nicht zu kräftiger Alkohol und ausgestattet mit einer eleganten Perlage, ist Claus‘ Pet Nat genau das Richtige, um sich auf das Unvermeidliche vorzubereiten.
Sie sehen also, dass die Vorteile eines hauseigenen Krampus-Kränzchens enorm sind. Und wir nutzen diese natürlich schamlos aus: Der servierte Weißwein sollte in seiner Art dem Pet Nat um nichts nachstehen, daher holen wir den Muskateller Numen von Johannes Zillinger aus unserem tiefen Keller. Ein Naturwein par excellence der nicht mit parfümierter Frucht schreit „Hier bin ich!“, sondern sich sachte von hinten anpirscht um Einem mit seiner Kräuterwürze und seiner Frucht die Furcht zu nehmen. Eher flüstert er „Du warst eh brav, nimm doch noch einen Schluck – alles ist und wird gut…“. Sehr beruhigend.
Ebenso fühlten wir uns als wir im Frühjahr diesen Jahres bei Agnès Levet in Ampuis im Keller standen. Den Maestria, ein Côtes-Rôtie, bei dem die Syrah-Reben zum Großteil aus der berühmten Lage La Landonne stammen, haben wir rechtzeitig belüftet und im kühlen Keller stehenlassen. Hier treffen sich Kraft, Würze, Charakter, merkbare Tannine sowie rotfleischige Beeren- und Kirschfrucht. Es scheint, als wäre dieser Syrah sowohl mit seinen Ecken und Kanten, als auch mit seiner Eleganz wie gemacht für diesen Abend! Auch der Krampus wird nach diesem Dreierflight schon etwas kuscheliger…
Sollte sich nun dennoch jemand fürchten oder schreckhaft sein, können wir mit einer Flasche Don PX Gran Reserva 1987 von Bodegas Toro Albalá aushelfen. Ein Süßwein so dunkel und konzentriert wie die finsterste Kellerecke, aber zugleich so süß und mild wie das Gefühl, wenn der unheimliche Besuch aus dem Haus verschwindet. Dieser Wein lässt sich perfekt zu Blauschimmelkäse oder auch tropfenweise über Maronireis genießen. Den unheimlichen Geruch, der das Haus auch nach dem zotteligen Besuch noch erfüllt, räuchern wir mit einer Partagas D4 in Kombination mit der Don PX Gran Reserva 1987 aus.
Wer jetzt noch vor diesem Abend zittert, ist selber schuld!