Am WEINaugenschein: Alex Koblinger MS zu Gast bei Vino Gross, in Štajerska Slovenija.
„GROSS, krass, Wahnsinn!“ So oder ähnlich mussten meine ersten Worte gelautet haben, als ich in Slowenien ankam und staunend durch die Weingärten im Haloze-Gebiet, auch Untersteiermark genannt, von Michael Gross flanierte.
Die Weingärten lagen frisch angezuckert vor uns und die Stimmung war perfekt. Dabei sind die Rebflächen in der Landschaft so angeordnet, dass sie wie kleine (aber äußerst eindrucksvolle) Terrassenanlagen wirken. Man kann sich dieses Bild in etwa so vorstellen, als dass man die Südsteiermark mit einer Ziehharmonika zusammengezogen oder zu heiß gewaschen hätte…
Alois Gross erhielt im Jahr 2004 einen Brief mit einem Angebot für ein Häuschen mit Weingarten in Gorca – und wie so oft im Leben, entstehen wie hier die besten Geschichten durch einen Zufall. Alois, und auch seine Söhne Michael und Johannes, waren sofort angetan von dieser genialen Ecke der Weinwelt, nur 60 km von ihrem Stammhaus entfernt. Mittlerweile konnten die Brüder Gross das Weingut auf 18 ha erweitern. Doch auf den Terrassenanlagen muss die Ertragsrechnung anders kalkuliert werden, denn im Durchschnitt finden nur 2.000 Rebstöcke pro Hektar darauf Platz, was eine magere bzw. absolut magere Ausbeute von nur knapp einem Kilogramm Trauben pro Rebstock bedeutet. Jedoch sind diese Trauben, die von Furmint, Sauvignon Blanc, Welschriesling (Laški Rizling), Rheinriesling (Renski Rizling) und Traminer händisch in den Terrassen gelesen werden, allesamt Herzbluttrauben.
Im Jahr 2011, also sieben Jahre nach dem Erwerb des Weingutes, konnte die Winzerfamilie ihren Sauvignon Blanc Colles auf den Markt bringen und „Vino Gross“ wurde erstmals der Öffentlichkeit eingeschenkt. Bis dahin war es allerdings ein langer und – auch im wahrsten Sinne des Wortes – harter Weg: Die Weinreben wurden von der Gross-Truppe in Löcher, die mit der Bohrmaschine in den harten Untergrund getrieben werden mussten, gesetzt. Der Boden in der Untersteiermark ist dem in der Südsteiermark vorhandenen kalkhaltigen Mergel oder Opok ähnlich und wird von den Winzern „Lapor“ (sl. für „Mergel“) genannt. Die Geschmäcker unterscheiden sich aber wesentlich, fallen doch hier in Gorca um rund ein Drittel weniger Niederschlag. Auch wird aufgrund der wärmeren Temperaturen zwei Wochen früher gelesen. Durch die Bank sind die Weine kühl, straff und salzig.
Michael, der jüngere der zwei Brüder, widmet sich im Haloze-Gebiet besonders seiner Lieblingssorte, der dickschaligen und kleinbeerigen Furmint – eine alte Rebsorte die in der Steiermark früher als „Mosler“ bekannt war. In Slowenien kommt sie zum Teil als Šipon in die Flasche. Die Familie Gross hat verschiedenste Selektionen dieser Rebsorte gepflanzt. Ich hatte Gelegenheit, die einzelnen Grundweine in aller Ruhe im Keller zu verkosten und war hin und weg von den unterschiedlichen Ausprägungen der Klone! So sind die steirischen etwas fruchtiger und eleganter als die etwas weicheren und volleren ungarischen Klone, die teilweise vom berühmten Furmint-Meister István Szepsy stammen. Mit diesem Grundwein wird dann der fertige Furmint vermählt. Ein grandioser Wein dieser Art ist 2015er Iglič Furmint!
Also, große Weine gibt es viele, aber wirklich GROSS sind nur die wenigsten!
Und übrigens: Wissen Sie eigentlich, was „Degorgieren“ ist?
Michi weiß es nicht nur, er kann es auch! Hier ein Live-Video vom Meister bei der Arbeit. 🙂