Verkostung mit Johannes Zillinger.

Hannes war da. Kurz, aber er war da: Schnell die Gummistiefel ausgezogen, vom südlichen Weinviertel nach Golling gesaust und mit uns und unseren Freunden und Partnern einen Nachmittag lang seine Weine im Zuge unserer Weinwerkstatt-Serie verkostet. Der Weinwerkstatt-Stammtisch in unserer Enoteca war voll besetzt, also noch einen Sessel dazu und die Verkostung konnte starten. Johannes verkörpert, lebt und atmet seine Philosophie, nach der er Wein macht, durch und durch. Er versteht es, seinen Enthusiasmus für den Traubensaft verständlich und mit Freude zu vermitteln.

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Johannes Zillinger vermittelt Enthusiasmus für den Traubensaft in Döllerers Enoteca.

2012 übernahm Johannes das elterliche Weingut und kümmert sich seither um seine knapp 20 ha Bio-Weingärten in Velm-Götzendorf. Die Weingärten mit ihren diversen Ausprägungen wie etwa Löss-, Lehm und auch Sandsteinböden bringen höchst eigenständige und unverwechselbare tolle Weine hervor. Bis vor kurzem war Johannes noch ein absoluter Geheimtipp, doch mittlerweile wächst der Bekanntheitsgrad mit jedem neuen Jahrgang den er keltert. Seit diesem Frühjahr ist Johannes als Winzer-Partner bei uns im Weinhandelshaus gelistet und wir können sagen, dass seine Weine ungemein gut angenommen werden und bereits etliche Flaschen geöffnet wurden. Sein Grüner Veltliner Velue war sicherlich einer unserer sprichwörtlichen „warmen Semmeln“ dieses Sommers. Da Zillingers Weine vom Alkoholgehalt her zumeist leichter als so manche Weine seiner Nachbarn im Weinviertel sind und trotzdem einen ungemeinen Druck am Gaumen haben, vermitteln sie Trinkspaß pur.

Velue

Schon bei seinen „Einstiegsweinen“ der VELUE-Serie arbeitet Johannes mit einem kleinen Anteil an Maischegärung – was bewirkt, dass die Weine mehrdimensionaler sind: Sein 2015 Grüner Veltliner Velue ist leicht rauchig, würzig in der Nase. Mittelreife Äpfel und Birnen gesellen sich zu einer Tabaknote. Am Gaumen ist der Wein sehr frisch, wiederum mit einer hier schon fesselnden Frucht-Würze-Kombination. Langer Abgang mit einem mittleren Körper und wenig Alkohol ergeben einen tollen Tropfen, der weit weg von einem „Alltags-Veltliner“ oder einem „Sauvignon-Veltliner“ ist. Wer Veltliner schätzt, sollte also auf keinen Fall auf den GV Velue verzichten!

Der 2015 Muskateller der Velue-Familie ist eine der Überraschungen der Verkostung schlechthin. Wo man eine Hollerstaude und eine wie so oft einseitige Richtung der Aromen in der Nase erwarten würde, wird man mit einer Mischung aus Orangen, Mandarinen, Würze, Kräuter sowie etwas Zitronenmelisse überrascht. Ein multidimensionaler Muskateller, der keinen Vergleich mit anderen Weinen als auch Vertretern aus diversen Weinbaugebieten scheuen muss.

Der Velue Riesling aus dem 2015er-Jahrgang ist ebenso „anders“ als so mancher lauter Sortenvertreter. Eher scheu, grazil und würzig sind hier die ersten Attribute die einem einfallen würden. Eine Blumigkeit im Sinne von etwas Jasmin kommt hinzu, weiters Kümmel, Anis und kalter weißer Rauch – ein würziger Stil der sich auch in den anderen Wein-Serien noch zeigen wird.

Reflexion

Wir wollen auf alle Fälle mehr! Die nächste eingeschenkte Runde widmet sich Zillingers REFLEXION-Serie. Je ein Grüner Veltliner, Weißburgunder und Sauvignon Blanc warten im Glas auf gespannte Verkoster.

In der Reflexion-Serie finden sich Hannes Lagenweine. Sie zeigen, welches Herzblut in den Lagen Kellerberg, Hohes Eck, Lissen und Steinthal steckt. Die Reflexion-Weine spiegeln den Boden, den Jahrgang, die Ausrichtung – sprich das berühmte Terroir – in einer sich durchziehenden „Salzigkeit“ absolut wider.
Gestartet wurde der Flight, bestehend aus drei 2015er-Reflexion-Weinen, mit dem Grünen Veltliner. Der GV vom Kellerberg steht auf Kalk-Sandstein und wird aus bis zu 45 Jahre alten Rebstöcken auf nur 3 ha gekeltert. Der Maischegärungsanteil liegt hier bei 10 %, wie auch in etwa bei den anderen Weinen dieser Serie. Sofort fällt wiederum die Würzigkeit und Rauchigkeit des Veltliners auf. Tabaknoten, Kraut und auch leicht vegetabile Aromen sorgen für einen superben Bogen und einen langen, würzigen Abgang. Ein sehr spannender Begleiter, der super mit einer gefüllten Henne mit Schwammerln und mitgebratenen Erdäpfel passen sollte – oder muss.

Der Weißburgunder aus einer 35 Jahre alten Nordlage – dem Hohen Eck – wartete im nächsten Glas. Schon beim ersten Hineinriechen finden sich in diesem sehr komplexen Vertreter der hochnoblen Rebsorte Aromen von Bittermandeln, mittelreifen Äpfeln und Birnen als auch Orangen und Quitten. Diese Aromen kommen auch am Gaumen hervor und werden von einem packenden Säurerückgrad unterstützt. Ein Weißburgunder für Liebhaber dieser Rebsorte. Aber Vorsicht: Dieser Wein setzt etwas Vorkenntnis voraus!

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Augen, Nase, Mund/Gaumen: Volle Konzentration bei der Verkostung.

Das letzte Glas in dieser Runde war der Sauvignon Blanc Reflexion. Schon die Nase ist auch für jene, die keine Sauvignon Blanc-Fans sind, sehr spannend und ausdrucksstark. Angefangen von Rhabarber, Nashi, Mandarinen und Orangen, über Orangenblüte und Melisse bis hin zu mittelreifen Marillen und Passionsfrucht reicht die Palette an Eindrücken und Geschmäckern am Gaumen. Ein Sauvignon Blanc gewachsen am Löss: Anders, würzig und wie gemacht fürs Zusammensitzen an einem gemütlichen Herbstnachmittag oder um in Erinnerungen an den Sommer zu schwelgen.

Die Verkostung ging weiter mit einem Weißwein ohne Jahrgang, oder besser gesagt einem Multijahrgang. Ein Weißwein gemacht nach dem Solera-Verfahren (Jerez lässt grüßen!): Rieslinge aus den Jahrgängen 2013/14/15 in Kombination mit Scheurebe und Chardonnay ergeben absolut keinen Alltagsweißwein. Straff und salzig mit mittlerem Körper und einer absolut wahrnehmbaren Tanninstruktur lässt der Multijahrgang auch für Fans der etwas ausgefalleneren Richtung nichts offen. Unbedingt probieren und eine eigene Meinung bilden… sehr spannend!

Numen

2015 Fumé Blanc aus der NUMEN-Linie wurde eingeschenkt, verkostet und im Nachhinein als „der“ Wein der Verkostung gehandelt. Weiße und rote Ribisel, aber auch Cassis und Mandarinen können wahrgenommen und geschmeckt werden. Des Weiteren gesellen sich Mango und Passionsfrucht dazu und die Kräuter- und Gewürzaromen sind geradezu mannigfaltig. Ein absolut sensationeller Sauvignon Blanc der nach 16 Monaten Reifezeit auf der Vollhefe jetzt gerade auf den Markt gekommen ist. Der Fumé Blanc ist mittlerweile zu unserem „Einstiegswein“ bei der Weinbegleitung in unserem Genießerrestaurant geworden. Auch unser „Sauvignon-Liebhaber“ hat sich ein zweites Glas von diesem interzellular vergorenen Wein gegönnt!

Der Numen Grüner Veltliner aus dem 2013er-Jahrgang war der älteste Weißwein, den uns Hannes mitgebracht hat. Ein Veltliner zum Riechen, Riechen und nochmals Riechen. Er entwickelt sich stetig weiter im Glas, zeigt neue Gesichter, braucht viel Luft und sollte wirklich etwas wärmer in einem großen Glas serviert werden. Sehr mineralisch, sehr straff, sehr komplex, sehr gut! Trinken nicht vergessen!

Mit zwei Rotweinen ging die Verkostung dem Ende zu. Im Glas hatten wir noch einen 2013 Revolution – eine Cuvée aus den Rebsorten Regent und Rössler. Frisch, fruchtig, schwarze Cassis, Brombeeren und Zwetschken geben sich die Hand. Ein nicht zu schwerer fruchtbetonter, eleganter Rotwein der mit einer tollen Säure-Tannin-Körper-Kombination punkten kann. In das letzte Glas des Nachmittages wurde ein St. Laurent aus knapp 95-jährigen (!!!!) Rebstöcken eingeschenkt. Keiner der Anwesenden konnte sich entsinnen, jemals einen St. Laurent aus derart alten Stöcken im Glas gehabt zu haben. Sehr spannend auch die Nase, von Himbeeren, Preiselbeeren, Weichseln und Kirschen war die Rede. Erdbeeren und Erdbeerschokolade – für die Naschkatzen – sind wie die super Würze und der lange Abgang absolut zwingende Argumente, diesen Wein in Ruhe zu verkosten. Wiederum ein Essenswein für mich: Rehrücken und St. Laurent Steinthal Reflexion aus dem 13er-Jahr könnten nicht besser zusammenpassen!

Mit der Natur seit 30 Jahren (2)

Unser Fazit: Wir durften absolute Bestätigung erfahren, dass wir Hannes im Frühjahr für uns entdeckt haben und freuen uns sehr darüber! Ebenso schätzen wir die Weine, die eigenständig, geradlinig, unverfälscht, sehr spannend und auch immer wieder für eine Überraschung gut sind.
Zillingers Weine sollten keinem Traubensaft-Liebhaber entgehen – um vielleicht im eigenen Geschmackrepertoire ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Danke Hannes, für diesen tollen Nachmittag und für die Vermittlung deiner Philosophie des Weinmachens und Weinlebens!

Mehr zu Johannes Zillinger.

Verfasst von Alex Koblinger
Master Sommelier Alex Koblinger ist Service- und Qualitätsmanager in Döllerers Weinhandelshaus und zugleich Chef Sommelier in Döllerers Genießerrestaurant. Als 7-facher Sommelier des Jahres und einziger Master Sommelier in Österreich, ist er mit knapp 20 Jahren Erfahrung als Getränkespezialist noch immer fast täglich im Restaurant mit dem Korkenzieher unterwegs.