Alex Koblinger zu Gast bei Winzerfamilie Pfaffl

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m WEINaugenschein. Weingut Pfaffl … und nein, die Umschläge wurden sicherlich nicht vertauscht! Das Weingut Pfaffl aus Stetten im Weinviertel heimste eine der größten Auszeichnungen des internationalen Weinmarktes ein. Als erstes österreichisches Weingut überhaupt darf es sich jetzt „European Winery of the Year 2016“, verliehen vom Wine Enthusiast, nennen. Döllerers WEINaugenschein führte uns planmäßig nach Niederösterreich, und so konnte ich mich aus erster Hand und – dem „Wein-Oscar“ geschuldet – natürlich umso neugieriger von der Qualität der Pfaffl-Weine überzeugen.

Ich warf mich in Schale (genauer gesagt in Bergschuhe und Wollhaube um auch in den nicht gerade frühlingshaften Weingärten perfekt ausgestattet zu sein) und los ging’s in das südliche Weinviertel.

  • Grüner Veltliner. Die erste Klappe fiel in der Hundsleiten, der ältesten und ersten Lage der Familie Pfaffl. Hier hat Ende der 70er-Jahre mit knapp 0,7 Hektar alles begonnen. Mitte der 80er-Jahre wurde dann bereits das erste Mal selbst gefüllt. Der Grüne Veltliner Hundsleiten, gewachsen auf Flysch-Sandstein, wird immer etwas später geerntet (2016 erst gegen Ende Oktober) und ist eine von drei Veltliner Reserven im Wein-Portfolio der Pfaffls. Ein strahlender Weißwein der mit einer tollen strohgelben Farbe besticht und eine fruchtige Aromatik von Apfel und Zitrusfrüchten hat. Etwas früher geerntet und damit auch eine Spur frischer und wirklich knackig, ist der Grüne Veltliner vom Zeiseneck. Die Lage mit lehmigen Lössboden und etwas Sand ist die größte Einzellage der Familie und bringt eher frische, mittelkräftige Weine mit dem perfekten klassischen Pfefferl hervor.
    Die von uns verkosteten „Grünen“ 2016er wurden mit dem Goldjoch und der Hommage komplettiert. Goldjoch hat einen sandigen Oberboden auf Kalk und ist etwas cremiger, weicher, voller – ja satter. Hier wurden unter anderem Toffee, Ananas, reife Melone und Kakao notiert. Ein Wein zum und für das Essen mit einer langen Trinkreifekurve, der auch eine kurze Maischestandzeit als i-Tüpfelchen genossen hat. Die Hommage wird von mindestens 50 Jahre alten Reben vom Großebersdorfer Kirchenberg sowie auch ein wenig vom Haidviertel geerntet und spontan vergoren. Sie reift im großen Holzfass, hat einen vollen Körper und – für diesen Wein – eine tolle Säure und vor allem Kraft, tabakige Anklänge und Extraktsüße. Eine echte Hommage an den Veltliner und dessen Liebhaber, hier sind Kraft und Eleganz perfekt miteinander verbunden. Ein Wein, der in jede Veltliner-Ecke gehört!
    Zwischendurch gab es etwas Frischeres und Leichteres. Wir verkosteten den Ganz Zart 2016, ein Blend aus Grüner Veltliner und Sauvignon Blanc mit 9,5 % vol. Alkohol und einer super frischen Frucht – ein Ass auf jeder Poolparty oder als Aperitif! Apropos Aperitif: Der Muskateller Sandlern 2016 ist ein Paradebeispiel eines duftigen, leichten und wirklich trocken ausgebauten Muskatellers.

    Der Wein-Oscar 2016.

    Der Wein-Oscar 2016.

  • Riesling, Weißburgunder, Chardonnay. Weiter ging der WEINaugenschein mit zwei Rieslingen und jeweils einem Weißburgunder und Chardonnay. Der Weißburgunder Nussern 2016 ist eine der kleinsten Einzellagen der Familie mit Blick auf das Marchfeld. Ein fruchtbetonter Pinot Blanc, der mit Frische und toller Säure aufwartet und ein universeller Speisenbegleiter für Zuhause ist. Der Chardonnay Exclusiv 2016, aus knapp 30-jährigen Trauben, kommt von den Lagen Rossen und Neuberg und wird zu einem sehr kleinen Teil im Holzfass ausgebaut. Reife Birne, gelber Apfel aber auch Haselnuss sind seine tollen Aromen.
    Als Vertreter der geschätzten Rebsorte Riesling widmeten wir uns Terrassen Sonnleiten 2016 und der Reserve Passion 2015. Die Trauben für den Riesling Sonnleiten stammen aus einer für den österreichischen Weinbau und diese Ecke eigentlich sehr untypischen Terrassenanlage. Jedoch ist das superbe Outcome dieser Lage ein duftiger Wein mit Marille, Pfirsich, einer tollen Mineralität und einem schönen Frucht-Säure-Spiel. Noch spannender war jedoch die Reserve Passion als spontan vergorener Riesling, der im großen Akazienfass reifen durfte und den Aromabogen von reifer Marillen bis hin zu Rosen und exotischen Früchten wie Mango und Nektarine spannt. Ein mittelkräftiger Riesling wie aus dem Bilderbuch!

Nun nahmen wir uns die ROTWEINE, die immerhin ein Drittel der Pfaffl-Weinen ausmachen, vor.

  • Zweigelt. Zum Verkosten gab es einiges und wir starteten mit den Zweigelts, nämlich dem Sandstein 2016 und der Reserve Burggarten 2015. Der Sandstein stammt aus Neubergen und ist ein „klassischer“ fruchtbetonter und kirschiger Klasse-Rotwein. Die Reserve Burggarten ist eine kleine eigene Parzelle, die separat ausgebaut wird. Der Wein weist eine satte Kirschfrucht mit superber Würze auf. Ein Zweigelt der wunderbar reifen kann (und sollte) um seinen perfekten Gegenspieler im Herbst zu finden!
  • St. Laurent. St. Laurent Waldgärten 2016 und St. Laurent Altenberg 2015 waren die nächsten zwei Verdächtigen, die wir näher untersuchten. Der Waldgärten – aus einer Lage neben dem Wald – überzeugt im Glas mit einer tollenKombi aus Erdbeere und Zwetschke. Die angenehme, super eingebundene Säure ergibt mit der Frucht und dem Körper einen würdigen Vertreter dieser Rebsorte – aber auch der Altenberg ist ein Highlight! Der Wein reift 16 Monate im Barrique, ist etwas voller und satter als der Waldgärten und hat eine reifere Frucht (mehr Zwetschke) zu bieten als sein jüngerer Vorgänger.
  • Letzte Runde. Zum Schluss unserer ausgiebigen Verkostung betraten der Pinot Noir, der Excellent Reserve 2015 und der Heidrom 2013 die Bühne. Der Pinot Noir 2015 stammt aus einer warmen Kessellage, nämlich Herrenholz, und kann als mittelkräftiger, eleganter Blauburgunder mit klassischen Himbeer- und Erdbeeraromen punkten. Weiter ging es mit der Excellent Reserve, einer Assemblage aus Zweigelt mit Merlot sowie Cabernet Sauvignon zur Abrundung. Sie überzeugt mit Zwetschken und Cassis Aromen – toll. Zu guter Letzt hatten wir den Heidrom 2013 im Glas, ein klassischer Bordeaux-Blend, jeweils zur Hälfte Cabernet Sauvignon und Merlot. Der Wein kommt nach drei Jahren auf den Markt und besticht mit Minze, Eukalyptus und etwas kräftigeren Tanninen. Ein toller, intensiver Wein der einige Reifejahre locker wegsteckt und ein idealer Begleiter für diverse Schmorgerichte ist.

„Eine Serie an Weinen, die in der Konstanz der Qualität sensationell ist.“
Master Sommelier Alex Koblinger

Mit Akribie und Fleiß bauten Heidi und Roman Pfaffl in wenigen Jahrzehnten einen der Vorzeigebetriebe Österreichs auf. Mittlerweile haben Roman Josef Pfaffl und seine Schwester Heidi Fischer den Betrieb übernommen und führen ihn im selben Qualitätsdenken weiter. Bei meinem WEINaugenschein war ich extrem beeindruckt von diesem perfekt geführten Weingut sowie der ansprechenden Herzlichkeit und Offenheit. Roman und ich verkosteten nach unserer Betriebstour in Ruhe seine Weine. Meine Weinrezension: Hier werden absolute Aushängeschilder der jeweiligen Rebsorten gekeltert!

In der Verkostung zeigte sich Grüner Veltliner in Bestform, vom „Einstiegswein“ weg bis hinauf zu Pfaffls Reserve-Weinen, die zum Teil mit Maischestandzeit als auch Holzeinsatz vinifiziert werden. Gott sei Dank war ich nicht im falschen Film, denn der Spannungsbogen zog sich weiter zu superben Rieslingen. Als meinen persönlichen Favoriten halte ich den Riesling Reserve Passion 2015 fest. „Um alle weiteren sensationellen Eindrücke dieses WEINaugenscheins schildern zu können, müsste ich jedoch in Überlänge gehen“ steht in unserem gedruckten WEINaugenschein in unserer Preisliste, unserem Nachschlagewerk. Und jetzt wurden die geschnittenen Teile hier zusammengeführt.

Director’ Cut: Die St. Laurents sollten in keinem halbwegs seriösen Weinkeller fehlen!

Mehr Informationen und das Sortiment von Roman Josef und seiner Schwester Heidemarie Fischer finden Sie hier.

Und wenn Sie Lust auf herrliche Marillenknödel haben, lassen Sie sich bitte in unserem Kurzvideo überraschen!

 

Verfasst von Alex Koblinger
Master Sommelier Alex Koblinger ist Service- und Qualitätsmanager in Döllerers Weinhandelshaus und zugleich Chef Sommelier in Döllerers Genießerrestaurant. Als 7-facher Sommelier des Jahres und einziger Master Sommelier in Österreich, ist er mit knapp 20 Jahren Erfahrung als Getränkespezialist noch immer fast täglich im Restaurant mit dem Korkenzieher unterwegs.