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ieslinge sind immer unverwechselbare Botschafter ihrer Herkunft. Sie verstehen sich meisterhaft darin, Boden, Klima und Jahrgang – kurzum das berühmte Terroir – eines Weinbaugebietes in das Glas zu zaubern. Ihre besten Vertreter gehören zu den größten und langlebigsten Weinen schlechthin.

Als eine der nobelsten Rebsorten der Weinwelt ist Riesling bei Sommeliers und Weinliebhabern gleichermaßen beliebt. Kaum eine andere Weißweintraube vermag mit ihrer Klarheit, Frische, Mineralität, gediegener Eleganz und ihren Fruchtaromen derart zu begeistern. In der Jugend verzaubert ein Riesling, abhängig vom Weinbaugebiet und Klima, mit einer Primärfrucht nach Zitrusfrüchten wie Limette, Zitrone, Grapefruit aber auch mit reiferen Aromen nach Pfirsich und Marillen. In wärmeren Weinbaugebieten können exotische Früchte wie Ananas oder auch Passionsfrucht in den Vordergrund treten. Diese unvergleichbare elegante Primäraromatik gepaart mit einer markant-lebendigen Säure bis zu einer zumeist ungemeinen Langlebigkeit sind unverkennbare und hoch geschätzte Merkmale dieser fantastischen Weine.

Woher stammt der Riesling?

Riesling ist eine der ältesten bekannten Rebsorten mit erster urkundlicher Erwähnung im 15. Jahrhundert. Der in einer Rechnung aus Rüsselsheim festgehaltene Preis für „Rießlingen“-Setzreben gibt hierzu den Beweis. Vermutlich haben ihn aber schon die Römer deutlich früher am Rhein angepflanzt. Zum Ende des Mittelalters breitete er sich trotz des geringen Ertrages und der späten Reife langsam aber zunehmend entlang des Rheins aus.

Warum heißt er Riesling?

Der Name des Rieslings oder auch Weißer Riesling stammt wahrscheinlich vom altdeutschen Wort für Reißen oder Teilen bzw. eventuell auch von der rissigen Borke des Rebstockes.

Wie entstand Riesling?

Es handelt sich um eine natürliche Kreuzung einzelner Rebsorten. Als ein Elternteil wurde Gouais Blanc oder auch Weißer Heunisch bestimmt, ein weiterer ist die Traminer-Traube und eine dritte damals heimische Rebsorte aus dem Rheintal.

Womit ist Riesling nicht zu verwechseln?

Er hat nichts mit den Rebsorten Welschriesling und Riesling Italico (beides Synonyme für Graševina), dem Synonym für Crouchen-Clare Riesling und Cape Riesling zu tun und auch nichts mit Gray Riesling, hinter dessen Namen sich Trousseau verbirgt.

Welche Aromen prägen den Riesling?

Die Rieslingrebe wird in der Welt des Weines zu den „Aromarebsorten“ gezählt. Die „klassische“ Fruchtaromatik weist zumeist Anklänge von Marillen und Pfirsich auf, die bis hin zu reifer Mango, Ananas und Papaya gehen können. Rote Früchte findet man selten in den Aromen eines Rieslings, aber Walderdbeeren und Kirschen können schon einmal vorkommen. Definitiv öfter erkennt man Ingwer, Bienenwachs, Honig oder das klassische Petrolaroma in etwas gereifteren Weinen.

Wie beeinflusst das Klima das Aroma des Rieslings?

Die Rebsorte Riesling ist Botschafter ihrer Herkunft.

Die Rebsorte Riesling ist eine unverwechselbare Botschafterin ihrer Herkunft.

Die klimatischen Bedingungen der Weinbaugebiete können sich sehr gut in den Aromen widerspiegeln. So herrschen in kühlen Regionen die Zitrusaromen wie etwa Zitrone, Limette, Apfel oder auch rosa Grapefruit vor. Sobald das Klima wärmer wird, ändern sich die Primäraromen bis hin zu (über-)reifem Pfirsich, Marillen und Orangen, aber auch zu Anklängen an Nektarinen. Die florale Seite des Rieslings reicht von Rosen, etwa Bauern- und Pfingstrosen, über Jasmin bis hin zu Kräutern und Gewürzen wie Rosmarin.

Wie beeinflusst der Boden den Riesling?

Diese Rebsorte ist geradezu prädestiniert die diversen Böden, auf denen sie gepflanzt wird, aromatisch zu transportieren. Sei es Schiefer in seinen Abwandlungen, Buntsandstein, Löss, Kalk oder auch kristalline Urgesteine. Rieslinge haben zumeist eine relativ hohe Säure sowie einen leichten bis mittelkräftigen Körper, die in Kombination mit den Aromen und der Mineralität des jeweiligen Terroirs einen ungemeinen Trinkfluss mit sich bringen. Jedes Weinbaugebiet kann zumeist mit vorherrschenden Merkmalen in der Kombination der Aromen, Mineralität, Alkohol, Zuckergraduation und Körper der Weine aufwarten und dadurch auch deutlich unterschieden werden.

Wie vielseitig ist Riesling?

Die Rebsorte hat die außergewöhnliche Eigenschaft, ihre Finesse und nervige Brillanz von leichten blumigen Kabinettweinen, kraftvollen Spätlesen, volleren Auslesen bis hin zu Trockenbeerenauslesen perfekt ausspielen zu können. Es herrscht immer eine noble Frische und tolle Säure in den diversen Prädikaten mit. Aus Rieslingtrauben gekelterte Süßweine zählen mit zu den gesuchtesten und zum Teil auch teuersten (Süß-)Weinen der Welt. In den letzten Jahren wurden Trockenbeerenauslesen von Egon Müller als Jungwein um einige tausende Euro verkauft und stellen somit so manche Spitzengewächse aus Bordeaux oder Burgund preislich weit in den Schatten. In punkto Langlebigkeit können diese Weine zu wahren Monumenten ihrer Zunft werden, die Weinliebhaber Jahrzehnte lang begeistern und dabei hinsichtlich Potenzial sehr viele rote Berühmtheiten hinter sich lassen.

Wie funktioniert Riesling als Sekt?

Die natürliche Säurestruktur macht ihn auch zum hervorragenden Grundwein für Schaumweine. Der Rieslingsekt von Reichsrat von Buhl aus der Pfalz (mit dem neuen Kellermeister Mathieu Kauffmann, ehemals Kellermeister bei Bollinger) ist dafür ein fantastisches Beispiel. Sehr klar, sehr straff, vielschichtig und ungemein überzeugend. Aber auch Österreich kann in Sachen Rieslingsekt mit einigem aufwarten, wie etwa mit dem Zöbinger Heiligenstein Sekt vom Weingut Steininger: etwas rauchig, würzig, dunkle Frucht, vollerer Körper – ein Sekt für ein großes Glas und zudem ein perfekter Essensbegleiter zum auf der Haut gebratenen Saibling.

Was zeichnet österreichischen Riesling aus?

Nur rund vier Prozent oder knapp 1.900 ha des österreichischen Weinlandes sind mit Riesling bepflanzt. Vor allem die Weine aus den Tälern der Donau, Krems, Kamp und Traisen spielen dank Qualität, Ausdruck und Mineralität international in der absoluten Topliga mit. Österreich bietet dem Riesling perfektes Klima und ideale Böden, die je nach Weinbaugebiet von kristallinem Urgestein und Kalk bis zu Löss variieren können. Da die Rebsorte relativ spät reift, erreicht sie hierzulande zumeist eine höhere Reife. Der österreichische Riesling ist zum überwiegenden Teil trocken, kräftiger und hat mehr Extrakt als etwa sein deutscher Counterpart. Die Stile bewegen sich zwischen leicht, ziseliert, frisch und mineralisch bis zu voll, opulent und cremig mit reifer, ausdruckstarker Aromatik.

Was begeistert an deutschen Rieslingen?

Keine andere Rebsorte schaffte es, sich als Aushängeschild eines Landes so zu etablieren wie der Riesling in Deutschland, wo er auch die meist angepflanzte Weißweintraube ist. Die Hälfte der weltweiten Rieslingstöcke ist dort zu finden. Internationale Weinexperten sehen die Gewächse aus den einzelnen Flusstälern wie etwa der Mosel, der Saar, der Ruwer, des Rheins und der Nahe, aber auch jene aus Rheinhessen und der Pfalz als Beispiele des jeweiligen Stiles. Diese typisch deutschen Riesling-Stilistiken sind mannigfaltig und bringen verschiedenste Ausprägungen der Rebsorte hervor: Von leichten, mineralischen, fruchtsüßen aber auch stahligen, kräuterwürzigen und sehr geradlinigen Weinen bis zu kräftigen, vollen und trocken ausgebauten Vertretern. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählten die Rieslinge aus Deutschland zu den begehrtesten und teuersten Weinen der Welt – noch deutlich vor berühmten Châteaus.

Wo wird Riesling weltweit noch angebaut?

Die Rebsorte gibt es in den meisten Weinländern der Welt. In Frankreich ist die Traube im Vergleich zu Österreich mit ungefähr der doppelten Fläche an Rieslingstöcken im Elsass beheimatet. Kurioserweise ist der Riesling in Frankreich aber nur dort als Qualitätsweintraube zugelassen. Der Stil hat sich im letzten Jahrzehnt dahingehend verändert, dass die Weine trockener, mineralischer und geradliniger geworden sind. In früheren Jahren tendierte man in eine recht opulente, leicht süßliche Richtung. Wirklich süße Vertreter in den besten Jahren findet man unter der Qualitätsbezeichnung „Sélection de Grains Nobles“. In der „neuen“ Weinwelt wird Riesling vermehrt in Australien gekeltert, wo er in Eden Valley und Clare Valley eine der wichtigsten Rebsorten schlechthin ist. Die Weine dieser beiden Regionen überzeugen mit einer hohen Säure, toller Frische und glasklarer Limetten- und Zitronenaromatik. Grandiose Vertreter des Rieslings findet man in den USA in Washington State oder auch im Gebiet rund um die Finger Lakes im New York State und in Kalifornien.

Wie gut ist Riesling mit Speisen kombinierbar?

Riesling ist eine der am universellsten einsetzbaren Rebsorte welche ein Sommelier oder Weinliebhaber im Keller haben kann. Bereits beim Aperitif kann ein leichter, frischer Kabinett aus Deutschland eine erfrischende Alternative zu etlichen Klassikern sein. Alternativ bieten sich hervorragende Rieslingsekte an, die in ihrer Aromatik und Blumigkeit eine weitere Seite des Schaumweines aufzeigen. Zu diversen Vorspeisen, gerne wenn sie etwas würziger sind, ist Riesling ein wunderbarer Begleiter. Am besten sollte man in Kombination mit diversen Gerichten zu leicht gereiften oder gereiften Rieslingen greifen, da bei diesen die Säure schon eingebunden ist. Dadurch harmonieren sie sowohl sehr gut mit Schärfe als auch mit exotischen Aromen wie Curry. Achtung ist hingegen geboten, sobald zu viel Säure oder Salz im Spiel ist. Die natürliche Säure des Rieslings gepaart mit der Säure eines Gerichtes kann sich ins Negative multiplizieren. Die leichte Restsüße etlicher Rieslingweine ist hingegen sehr hilfreich in Paarungen zu kniffligen Gewürzen und Beilagen und kann so manche Kombinationsfalle entschärfen.

Welches Glas zu welchem Riesling?

Jüngere Rieslinge mit leichterem Alkoholgehalt kommen in hohen und schlanken Gläsern am besten zur Geltung. Für gehaltvolle, vielschichtige und reifere Weine empfehlen sich größere und breitere Gläser, in denen sich dank der größeren Oberfläche die vielfältigen Aromen besser entwickeln.


Privater Riesling-Test

Wir haben natürlich auch ein Riesling-Degustationspaket für Zuhause geschnürt. Unser Weinpaket zeigt zum einen die unterschiedlichen Ausprägungen des Rieslings in Österreich und Deutschland und zum anderen das immense Potenzial und die Qualität der Rieslingweine.

Ein spannendes Weinpaket zum Entdecken diverser Riesling-Stilistiken:
Riesling der Spitzenklasse: Limitierte Top-Rieslinge aus Österreich und Deutschland

Beitragsbild: Die Weißenkirchner Achleiten ist eine der berühmtesten österreichischen Riesling-Lagen in der niederösterreichischen Wachau.
Bildnachweis: Monika Löff | ÖWM, Faber
Verfasst von Alex Koblinger
Master Sommelier Alex Koblinger ist Service- und Qualitätsmanager in Döllerers Weinhandelshaus und zugleich Chef Sommelier in Döllerers Genießerrestaurant. Als 7-facher Sommelier des Jahres und einziger Master Sommelier in Österreich, ist er mit knapp 20 Jahren Erfahrung als Getränkespezialist noch immer fast täglich im Restaurant mit dem Korkenzieher unterwegs.